Wachsender Ärztemangel im Landkreis

15. Juni 2013

Rosige Zeiten in der ärztlichen Versorgung dürfen die Landkreisbewohner nicht erwarten. Dies kristallisierte sich bei einem Informationsgespräch der SPD-Kreistagsfraktion mit Dr. Bernhard Decke (Erlenbach) und Dr. Reinfried Galmbacher (Klingenberg) heraus. Beide Mediziner haben sich mit 20 anderen Kollegen unter der Bezeichnung „Maindoc“ in einer GmbH vernetzt und sind im Ärztenetz Untermain aktiv. Sie beklagten den zunehmende Ärztemangel, die zum Teil undurchschaubaren gesetzlichen Regelungen und den wachsenden ökonomische Druck im ärztlichen Alltag, der insbesondere auf Hausärzten lastet.

Wie Dr. Galmbacher erklärte, sind junge Ärzte nicht darauf erpicht, sich eine Praxis auf dem flachen Land einzurichten und kaum interessiert, eine bestehende zu übernehmen. „Die jungen Kollegen gehen eher ins Ausland oder zur Industrie“. Die Folge ist ein Aussterben der Spezies Hausarzt, in der Regel sind es Fachärzte für Allgemeinmedizin. Im Raum Amorbach sind laut Dr. Galmbacher und Dr. Decke die Auswirkungen des Ärztemangels schon spürbar. Sie sind sich sicher, dass die Folge eine Zusammenlegung der Notdienstbereiche sein wird.

Die notärztliche Versorgung in der bisherigen Form sei nicht mehr zu stemmen. „Der Nachwuchs kommt nicht, wenn er weiß, dass er zweimal die Woche oder noch häufiger Notdienst machen muss“, so Dr. Galmbacher. Die politischen Weichen würden oft an der Realität vorbei gestellt. Die Widerstände der Kassenverbände mit Blick auf die Finanzen seien heftig, was sich nach Aussage der beiden Maindoc-Ärzte bei den vereitelten Plänen für eine ambulante Palliativversorgung gezeigt hat. Obwohl die besten Voraussetzungen gegeben seien, habe der dafür zuständige Verband der Ersatzkassen VDEK einen Verbund für ambulante Palliativversorgung am bayerischen Untermain abgelehnt. „Gerade für todkranke Menschen mit starken Schmerzen wäre eine ambulante Palliativversorgung besonders wichtig“, stellte Kreisrätin Ruth Weitz fest, die das „Nein“ des VDEK als „unmenschlich“ bezeichnete.

Die anfänglichen Wogen des Widerstands gegen die Rhön Klinikum AG, den privaten Betreiber der beiden Krankenhäuser im Landkreis, haben sich nach Auskunft der beiden Maindoc-Ärzte geglättet. „Die leiden genauso unter dem Ärztemangel“, so der einmütige Kommentar von Dr. Decke undDR. Galmbacher. „Die Privatisierung der Krankenhäuser ist Schnee von gestern, da hilft es nichts nachzukarten“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Ulrich Schüren (Elsenfeld). Er erinnerte daran, dass sich die Sozialdemokraten im Kreistag damals heftig gegen die Privatisierung gewehrt hatten.

Was den Ärzten in der Region ebenfalls Probleme bereitet, ist der demografische Faktor. Die Menschen werden älter und der Bedarf an medizinischer Betreuung wächst. Einen Ball, der in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird, brachte Dr. Galmbacher ins Rollen. „Da werden überall Pflegeheime gebaut und kein Mensch fragt, ob auch die ärztliche Versorgung der Bewohner gesichert ist“. Auf Nachfrage erklärte er, dass es keineswegs so ist, dass die Bewohner alle aus dem Umfeld kommen, sondern viele auch aus dem Rhein-Main-Gebiet oder aus anderen Regionen.

Wie Dr. Bernhard Decke in einer Präsentation darstellte, ist das Ziel von Maindoc eine enge Zusammenarbeit und Vernetzung durch Synergie-Effekte zu pflegen, was sowohl den niedergelassenen Ärzten als auch den Patienten zu Gute kommt. „Gegen die Bundesgesetze können wir ja wenig tun, auf welchen Feldern wäre denn die Unterstützung des Landkreises gefordert“, fragte Kreisrat Thorsten Meyerer (Klingenberg). Sehr hilfreich sei beispielsweise eine Anschubfinanzierung für einen Geschäftsführer, der die Vernetzung von Maindoc koordiniert und die administrativen Aufgaben übernimmt.

Weitere Informationen unter www.main-doc.de.

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