Umgang mit Corona-Protesten bleibt herausfordernd

01. Februar 2022

Neujahrsempfang: SPD-Kreisverband Miltenberg kommt erstmals digital zusammen – Innenpolitik-Experte Uli Grötsch zu Gast

Landkreis Miltenberg. In seinem ersten digitalen Neujahrsempfang hat der SPD-Kreisverband Miltenberg am Donnerstagabend einen inhaltlichen Bogen von den Corona-Protesteten im Landkreis Miltenberg zu aktuellen Problemen der Innenpolitik gespannt. Mehr als 30 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten verfolgten den Empfang daheim an den Computerbildschirmen. Im Mittelpunkt stand ein Interview mit dem stellvertretenden innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Uli Grötsch, das der Vorsitzende der Jusos im Kreis Miltenberg, Samuel Herrmann, führte.

In einem Impulsvortrag stellte die stellvertretende Kreisvorsitzende Sabine Balleier vor, wie sich die Corona-Protestszene im Landkreis Miltenberg entwickelt hat. Zwar seien rechtsextreme, antisemitische und Reichsbürger-Posts weitgehend aus den Telegram-Kanälen verschwunden, aber die Personen hinter den Protesten seien nach wie vor dieselben. Was vordergründig als „Spaziergänge für Liebe, Frieden und Freiheit“ verkauft werde, ziele im Hintergrund nach wie vor auf die Delegitimierung der Demokratie. Die aufgeheizte Stimmung im Land stelle für die Innenpolitik eine besondere Herausforderung dar.

Über diese Herausforderungen – Verschwörungserzählungen, eine von Radikalen durchsetzte Protestbewegung und antidemokratische Tendenzen sprach Samuel Herrmann anschließend mit Uli Grötsch. Den stellvertretenden Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion beschäftigt die Querdenker-Szene nahezu täglich in seiner Arbeit im Innenausschuss. Ärgerlich sei, dass immer wieder „demokratische Begriffe wie Frieden, Freiheit und Gemeinschaft benutzt werden, obwohl die Initiatoren häufig Antidemokraten sind“. In der Spitze der Bewegung tauchten bundesweit Personen auf, die tief in die rechtsextreme Szene vernetzt seien. Es sei ihre klare Strategie, die Corona-Proteste mit demokratischen Begriffen zu prägen und sie so zu nutzen, um rechtsextremes Gedankengut sukzessive salonfähig zu machen.

Grötsch erklärte: „Wir bekommen jetzt vor Augen geführt, was sich seit Jahren im Internet abspielt: Auf Facebook oder Telegram beispielsweise werden immens viele Verschwörungsmythen gemeinsam mit Hass und Hetze verbreitet und so Menschen radikalisiert.“ Im Umgang mit den Corona-Protesten sprach sich der Bundestagsabgeordnete dafür aus, klar zwischen Extremisten und Demonstrierenden mit berechtigter, demokratischer Kritik zu unterscheiden. Die Extremisten müssten die Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Den anderen Demonstrierenden müsse immer wieder klar gemacht werden: „Mit Nazis läuft man nicht. Egal aus welchem Grund.“

Als besorgniserregend bezeichnete Grötsch neben der wachsenden Zahl an Rechtsextremisten die starke Bewaffnung dieser Gruppe. Um es Extremisten unmöglich zu machen, legal Waffen zu besitzen, müsse das Waffenrecht weiter verbessert werden. Auch der illegale Waffenmarkt müsse weiter aufgedeckt werden. Über die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte Grötsch, ihr sei es ein großes Anliegen, Verfahren zu beschleunigen, um Demokratiefeinde aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Es sei ein Unding, dass AfD-Rechtsaußen Björn Höcke immer noch Lehrer sein dürfe. Schließlich mahnte Grötsch, auch die SPD-Basis müsse sich an einer möglichst breiten Debatte um die Impfpflicht beteiligen.

Die beiden SPD-Kreisvorsitzenden Helga Raab-Wasse und Steffen Salvenmoser hatten eingangs erklärt, die Veranstaltung sei ein Ersatz für das Dreikönigstreffen der Odenwälder SPD-Ortsvereine, das hoffentlich im kommenden Jahr wieder stattfinden könne. Mit Blick auf das bevorstehende Jahr nannten sie die wichtigsten Themen, die die Sozialdemokraten im Kreis Miltenberg beschäftigen werden, allen voran die Gründung einer Wohnraumgesellschaft, die bezahlbare Wohnungen schafft. Außerdem werde die SPD noch dieses Jahr bei einem Kreisparteitag die Weichen für die Landtagswahl 2023 stellen.

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