Stirbt der Hebammenberuf aus? Gespräch mit Helga Raab-Wasse und Lisa Fritz

04. Juni 2018

Miltenberg. Das Gesundheitssystem krankt. Eine weit verbreitete Feststellung. Die Mitglieder des SPD-Kreisverbandes und der SPD-Kreistagsfraktion nehmen sich des Themas an, führen Gespräche mit Ärzten, Betroffenen und Beschäftigten in Gesundheitsberufen im Kreis Miltenberg. SPD-Kreisvorsitzende Helga Raab-Wasse und Direktkandidatin der Sozialdemokraten für den Bezirkstag in Unterfranken, traf sich am Freitag in Miltenberg mit Lisa Fritz, der Sprecherin der Hebammen im Kreis Miltenberg, um die Situation der Geburtshelferinnen zu beleuchten.

Im Gespräch: Die SPD-Kreisvorsitzende Helga Raab-Wasse und die Sprecherin der Hebammen im Kreis Miltenberg, Lisa Fritz. Foto: Ruth Weitz

Es sieht nicht rosig aus mit dem Beruf der Hebammen. Nicht nur, dass die freiberuflich Tätigen enorm hohe Haftpflichtversicherungsbeiträge zahlen müssen, die kontinuierlich angehoben werden, sondern auch gesetzliche Vorgaben ihre Einkommen schmälern. Wie Lisa Fritz (Amorbach) erklärte, dürfen sich Hebammen bei der Entbindung parallel nur noch um zwei Gebärende kümmern und bekommen nur diese Leistung vergütet. Käme eine Dritte hinzu, müssten sie diese abweisen. »Bisher ist diese Situation zwar noch nicht eingetreten, aber möglich ist sie jederzeit«, erklärte die Hebammensprecherin, die acht Jahre Berufserfahrung hat.

»Es ist ein wichtiger und schöner Beruf«, stellte Helga Raab-Wasse fest. Sie sprach die steigenden Geburtenzahlen an. Eine Hebamme sei nicht nur während der Geburt eine kompetente Vertrauensperson, sondern gerade danach für die Betreuung der Wöchnerin unentbehrlich. Die Erlenbacher Sozialdemokratin fragte nach, warum es in der Erlenbacher Helios-Klinik keine fest angestellten Hebammen gibt, sondern nur ein Belegsystem mit freiberuflich Tätigen. Lisa Fritz geht davon aus, dass dies mit der Größe der Klinik zusammenhängt und mit den sinkenden Geburtenzahlen in der Vergangenheit. Anfangs sei das Belegsystem auch eine gute Sache gewesen, da es sich nach dem Bedarf richte.

Schließlich seien rund 70 Prozent der Hebammen in Bayern darin eingebunden. Aber weil sich die Bedingungen mittlerweile dramatisch verschlechtert hätten, rechne sich die freiberufliche Tätigkeit fast nicht mehr. Ab 2020 sei der Beruf der Hebammen auch kein Ausbildungsberuf mehr, sondern ein Studiengang, der an eine Hochschule angedockt werden müsse, beispielsweise an die Universität in Frankfurt. Die Hebammen in der Region hätten einen Arbeitskreis gebildet, um sich insgesamt für eine Verbesserung einzusetzen. Eine Teilnahme an der von der Landkreisverwaltung und dem Kreistag initiierten »Gesundheitsregion Plus« und hier gezielt beim Thema Gesundheitsversorgung sei geplant.

Mittlerweile seien vom Freistaat für die Hebammen Fördergelder in Höhe von 40 Euro pro Kind in Aussicht gestellt. »Ein Tropfen auf den heißen Stein«, meinte Helga Raab-Wasse. Sie ließ sich erklären, dass die Wochenbettbetreuung nach der oft sehr kurzen Verweildauer im Krankenhaus immer intensiver und langwieriger wird. Wie Lisa Fritz berichtete, wurden im vergangenen Jahr 761 Geburten in der Erlenbacher Helios-Klinik gezählt. Im Prinzip seien die werdenden Mütter im Landkreis Miltenberg noch in einer komfortablen Situation. Anderswo seien die Geburtenstationen geschlossen worden. Die Frauen müssten weite Wege in Kauf nehmen und könnten nicht mehr in wohnortnahen Kliniken entbinden. Helga Raab-Wasse sicherte zu, dass sie weiter mit der Hebammen-Sprecherin in Verbindung bleibt.

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