Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,
der Haushaltsentwurf 2013 ist heuer zum ersten Mal bereits im Spätherbst 2012 vorgelegt worden und steht heute zur Abstimmung. Mit dem für uns frühzeitigen, für andere Landkreise aber durchaus üblichen Zeitpunkt der Beratung und Verabschiedung ist auch evident, dass das vorgelegte Zahlenwerk in einigen Punkten nicht so valide sein kann wie nach einer Schlussrechnung 2012.
Hier und dort werden sich Ansätze verändern und Annahmen korrigiert werden müssen. Wir haben dies in den letzten Wochen erlebt, als der Bezirk die avisierte Umlage von 22,5% um 0,6% auf 21,9% gesenkt und damit die Kreisfinanzen um 615.000 Euro entlastet hat. Ebenso erfreulich war die Mitteilung, dass die Schlüsselzuweisungen sich um 921.000 Euro erhöht haben und somit dem Kreis insgesamt ca. 1,5 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen, als der Kämmerer in seinem ersten Entwurf einplanen konnte. Sollten in der Schlussrechnung 2012 noch Steigerungen beim Gebührenaufkommen zu verzeichnen sein, umso besser! Für die SPD-Fraktion ist dies Grund zur Freude und ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Schuldenabbau und der weiteren Konsolidierung des Haushaltes, für andere Fraktionen und Gruppierungen Anlass zu kruden Pirouetten um das goldene Kalb der Kreisumlage. Ich komme darauf zurück. Zunächst aber gilt unser Dank dem Kämmerer Kurt Straub und in diesem Jahr auch seinem „Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge“, Herrn Krämer. Wie immer, Herr Straub, waren Ihre Erläuterungen und Hinweise für uns sehr informativ und haben den anschließenden Diskussionen ein solides Fundament gegeben. Dafür ganz herzlichen Dank verbunden mit dem Wunsch an Sie, lieber Herr Krämer, dass die Beratungen in den kommenden Jahren mit Ihnen ebenso sachlich und offen geführt werden können wie bislang.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich unsere Überlegungen zum Kreishaushalt knapp in 3 Punkten zusammenfassen.
Wir haben mit großer Einmütigkeit beschlossen, in den kommenden 10 Jahren 40 Millionen in die Hand zu nehmen, um unsere Landkreisschulen zu sanieren und auf den Stand der Technik zu heben. Jeder weiß, dass es letztendlich nicht um 40, sondern 50 oder noch mehr Millionen Euro gehen wird, die der Kreis zu stemmen hat, ohne dabei seine bis jetzt geltenden Haushaltsgrundsätze über den Haufen zu werfen. Allein angesichts dieser Tatsache erscheint uns Sozialdemokraten der Ruf nach einer Senkung der Kreisumlage als Vabanquespiel um die Wählergunst, dessen Ausgang für den Kreis nur negativ sein kann. Um Missverständnissen vorzubeugen, sage ich nochmals, dass die SPD es begrüßt, das Schulbauprogramm mit den Maßnahen in Obernburg unverzüglich zu beginnen, zugleich weise ich aber auch darauf hin, dass der Zeitrahmen flexibel gestaltet werden muss, wenn es die finanziellen Rahmenbedingungen anders nicht hergeben. Im Klartext: Mit uns Sozialdemokraten führt kein Weg in eine neue massive Verschuldung, sondern wir entscheiden mit Vernunft und Augenmaß im Bewusstsein der Spannung zwischen Wünschbarem und Machbarem.
In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine persönliche Bemerkung: Schickt im künftigen Kreistag die hellsten Köpfe mit dem größten Durchsetzungsvermögen in den Bauausschuss, denn dort spielt die Musik, insbesondere auch deshalb, weil hier künftig unserer Ansicht nach die notwendigen Entscheidungen der Energiepolitik vor Ort getroffen werden sollten. Dasselbe gilt für den Rechnungsprüfungsausschuss, der seiner Aufgabe nur dann gerecht werden kann, wenn gut informierte selbstbewusste Mitglieder die richtigen Fragen stellen.
Die von der Kanzlerin vollmundig , aber allzu unvermittelt dekretierte Energiewende scheint, ehe sie recht ins Rollen gekommen ist, schon verbockt zu werden. Ohne klare Rahmenbedingungen und Richtlinien, die von Bund und Land gesetzt werden müssen, kann sie vor Ort nicht sinnvoll umgesetzt werden. Ich habe wiederholt betont, dass es sich bei dem Ausstieg aus der Atomenergie bei gleichzeitigem Verzicht auf fossile Energieträger um eine Jahrhundertaufgabe handele, wenn man die Energiewende wirklich will und bereit ist, die notwendigen Entscheidungen vor Ort zu treffen. Diese werden schwierig und teilweise auch schmerzhaft sein und allen Beteiligten ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft abfordern. Es kann nicht sein, dass die Anlagen zur Erzeugung sauberer Energie immer nur in Nachbars Garten stehen und die Transportinfrastruktur möglichst auch unsichtbar bleibt. Und ebenso wenig darf es ein, dass die einen regenerative Energie erzeugen, die anderen diese aber profitabel vermarkten.
Erste formale Schritte hin zur Energiewende vor Ort sind getan und entsprechen mit der Schaffung einer Energieagentur, die beim ZENTEC angesiedelt sein wird, den Forderungen der SPD. Die notwendigen Mittel hierfür stehen bereit und werden in den kommenden Jahren aufgestockt werden müssen. Die SPD-Fraktion wird dies aktiv mitgestalten. Wir werden auch ein besonderes Augenmerk darauf richten, dass der für Energiefragen zuständige Fachmann im Landratsamt – eine neue, zusätzliche Planstelle für diese Aufgaben haben wir bewusst nicht gefordert – das ambitionierte Projekt aktiv vorwärts treibt. Neben allen finanziellen Belastungen, die auf uns zukommen werden, kann die Energiewende aber nur gelingen, wenn die Betroffenen zu Beteiligten gemacht werden. Dies bedeutet, dass wir dafür zu sorgen haben, dass nicht abgeschottete Gremien das Sagen haben, sondern dass die Bürgerinnen und Bürger sowie die gewählten Kommunalpolitiker vor Ort substanziell eingebunden werden in den Prozess der Entscheidungsfindung. Hier fordern wir Sozialdemokraten klare Mitsprache und Mitwirkung, denn die Energiewende funktioniert nicht, wenn sie allein dem Verwaltungshandeln obliegt. Sie muss fundamentiert sein in Bürgerbeteiligung und politischem Konsens.
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden anschließend, selbst aus so besonnenem Munde wie dem von Hermann Spinnler, ein Plädoyer für die Senkung der Kreisumlage hören mit Argumenten, die auf tönernen Füßen stehen, wenn nicht sogar absurd sind. Seit Jahren registriere ich die anlässlich von Haushaltsberatungen gebetsmühlenartig vorgetragene Klage: Der Kreis fresse sich satt und lasse die Kommunen ausbluten, der Kreis schöpfe aus dem Vollen, während die Gemeinden kaum einen genehmigungsfähigen Haushalt aufstellen könnten, kurz: der Kreis sei der natürliche Feind der Kommunen. Abgesehen von dem wirren hier zum Ausdruck kommenden Verständnis von Kommunalpolitik scheint es im Kern um billigen Populismus im Gewand staatstragender Verantwortung für die Kommunen zu gehen. Der Wahrheit näher kommt die Bemerkung, die ein Umlagensenkungsvertreter machte:
„Euch Sozis kann die Höhe der Kreisumlage doch egal sein, ihr habt ja kaum noch Bürgermeister vor Ort. Für uns ist es aber wichtig, in den Kommunen gut da zu stehen, damit wir bei den nächsten Wahlen noch mehr Stimmen kriegen.“
Hier liegt des Pudels Kern. Es geht offensichtlich nicht um das Wohl und die Leistungsfähigkeit des Kreises, sondern um politische Spielchen, Kirchturmdenken und letztlich um blanken Populismus. Welche Kinder besuchen eigentlich die kreiseigenen Schulen? Kreiskinder, die keiner Gemeinde angehören? Welche Bürgerinnen und Bürger befahren unsere Kreisstraßen: Kreisbürger, die alle von auswärts kommen? Welche Menschen profitieren von den zahlreichen freiwilligen Angeboten und Anstrengungen des Landkreises (z.B. Breitbandversorgung!): Aliens? Natürlich nicht. Es sind Bürgerinnen und Bürger aus unserer Gemeinden, die solche Leistungen in Anspruch nehmen, die ihnen ihre Gemeinde gar nicht bieten könnten.
Ich habe vor Jahren darauf hingewiesen, dass eine Kreisrätin Kreisrätin und ein Kreisrat Kreisrat ist und zu sein hat und nicht Lobbyistin oder Lobbyist einer Gemeinde, und ich habe damals angemerkt, manche Diskussionen würden offener und vernünftiger geführt, wenn weniger Bürgermeister im Kreistag säßen. Der Meinung bin ich auch heute noch.
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Die SPD hat im Kreisausschuss dem Haushaltsentwurf zugestimmt. Wir halten eine Kreisumlage in Höhe von 46% für den Haushalt 2013 für richtig, weil sie den notwendigen Interessenausgleich zwischen Kommunen und Kreis widerspiegelt. Wir begrüßen es, dass durch die Senkung der Bezirksumlage sowie die Erhöhung der Schlüsselzuweisungen die Kreditaufnahme von 2 Millionen auf 500.000 Euro gesenkt werden kann. Und wir sind dabei, wenn es mit Blick auf die Schuldenlast für unsere kommenden Generationen darum geht, maßvoll zu wirtschaften und den Schuldenberg kontinuierlich abzubauen. Dies dient dem Kreis und den Kommunen, das verstehen wir unter verantwortlicher Politik im und für den Kreis und seine Kommunen.
Lassen Sie mich ausnahmsweise mit einem Zitat – üblicherweise ja die Domäne des Landrates bei ungezählten seiner Reden – schließen:
„Verschuldung ist nichts weiter als vorgezogener Konsum, der in der Zukunft ausfällt.“
Dieses Zitat entstammt keineswegs einem sozialdemokratischen Parteiarchiv, sondern dem Mund des früheren Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht. Denken Sie mal drüber nach!
Die SPD-Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushaltsentwurf zu.