Eine Rekommunalisierung der Abfallentsorgung kommt für die Mitglieder der SPD-Fraktion im Miltenberger Kreistag derzeit nicht in Frage. Sie sprachen sich in der Fraktionssitzung am vergangenen Freitag einstimmig für eine Ausschreibung mit der Möglichkeit einer kurzfristigen Aufhebung des Vertrags und einer Option auf Verlängerung aus. Peter Fiebelkorn, derzeit Geschäftsführer der AWN Service GmbH im Neckar-Odenwaldkreis, nährte diese Entscheidung mit seinen detaillierten Informationen über seine Erfahrungen in der Abfallwirtschaft.
Der 54 jährige Kleinheubacher war lange Jahre Betriebsleiter bei Sita Bormann, einem privaten Müllentsorger und ist seit 10 Jahren verantwortlich bei der Muttergesellschaft AWN GmbH für die kommunalen abfallwirtschaftlichen Dienstleistungen und als Geschäftsführer der AWN Service GmbH mit Sitz in Buchen im Neckar-Odenwaldkreis für das Abfallgeschäft aus Industrie, Handel und Gewerbe (Private Dienstleistungen). Zur Einführung in das Thema ging er in die Historie zurück, wo in der Ära von Ex-Umweltminister Klaus Töpfer die Verpackungsverordnung im Jahr 1992 für eine völlige Umstrukturierung der Abfallwirtschaft führte. Die Mülltrennung und das Recycling wurden dadurch gebündelt auf den Weg gebracht. Die Technische Anleitung (TA) Siedlungsabfall hatte die Kommunen dann 2005 gezwungen, den Müll ihrer Bürger nicht mehr unbehandelt auf den Deponien abzuladen. Die großen Abfallströme gingen weg von den Deponien und hin zu den Müllverbrennungsanlagen oder Mechanisch-Biologisch-Anlangen (MBA).
„Die Müllentsorgung wurde zu dieser Zeit regelrecht gepusht“, stellte Fiebelkorn fest. Nachdem durch die europaweite Ausschreibung des Müll-Entsorgungsauftrags für den Landkreis Miltenberg im Jahr 2004 die Firma Sita Bormann den Zuschlag für den kompletten Landkreis erhielt, hatte sich Fiebelkorn damals um die Abfallbeseitigung in Teilen der Landkreise Main Tauber, Neckar- Odenwald und Miltenberg zu kümmern.
„Bormann hatte für Miltenberg das wirtschaftlich günstigste Angebot von insgesamt drei Bewerbern“, resümierte er und ergänzte, dass bis dahin das Unternehmen Willy Reinhardt und Sohn in Obernburg für zwei Drittel des Landkreises den Entsorgungsauftrag hatte, während Sita Bormann ausschließlich im südlichen Landkreis agierte. Die zweite europaweite Ausschreibung für die Entsorgung ab 2009 hatte dann Sita Bormann aus dem Rennen geworfen. Remondis, ein „global Player“ kam zum Zug, erhielt den Entsorgungsauftrag. Die gleichzeitig Eu-weite Ausschreibung von ca. 95.000 Stück neuen Abfallgefäßen – alle mit einem Chip ausgestattet - wurden von der Firma OTTO gewonnen. „Der Firma Bormann, die bisher im Besitz der Müllbehälter war, wurde dadurch ein großer Angebots-Vorteil entzogen“, erklärte Fiebelkorn.
Laut seinem Bericht hatte er mittlerweile den Auftrag vom Neckar-Odenwaldkreis erhalten, dort bis Ende 2006 einen kommunalen Eigenbetrieb aufzubauen mit der Vorgabe, Qualität, Service und Wirtschaftlichkeit miteinander zu verbinden. „Über Ausschreibungen war einfach ungewiss ob diese Vorgabe so erfüllt werden kann, gleichzeitig wollte der Neckar-Odenwald-Kreis das „Steuer des Handels“ in der Abfallwirtschaft einfach fest in der Hand haben“, berichtete er. Er habe 13 Monate Zeit für die Umsetzung gehabt, in dieser Zeitspanne eine funktionierende Logistik-Gesellschaft gegründet. Fiebelkorn betonte: "Entscheidend im Prozess sind die handelnden Personen". Er habe den Vorteil gehabt, dass viele gute Mitarbeiter aus seiner früheren Bormann-Mannschaft sich in seinem neuen starken Team mit eingefunden haben.
„Die ganze Müllabfuhr ist ein personalintensives Geschäft und errechnet sich über Löhne und Sozialleistungen“, erklärte er. „Bei einer Grippewelle muss man für Personalersatz sorgen. Das ist zuweilen ein Kraftakt“. Die Situation in Neckar-Odenwald sei mit dem Landkreis Miltenberg so nicht zu vergleichen. Fiebelkorn gab zu bedenken, dass bei einem Eigenbetrieb alles neu aufgebaut werden müsse: Logistik, Personalstruktur, Organisation. Er zeigte sich überzeugt, dass der Wettbewerb in der Ausschreibung dem Landkreis ein gutes Ergebnis bringen werde. Zumindest wirtschaftlich hätten die beiden bisherigen Ausschreibungen im Landkreis Miltenberg dies so bestätigt. „Generell muss man aber die Entwicklung der Ausschreibungs-Ergebnisse einfach im Blick haben und sich in der Anforderung der Ausschreibung auch Varianten überlegen und Möglichkeiten offen halten sowie auch Alternativmöglichkeiten nie ganz ausschließen“, so Fiebelkorn abschließend. Kreisrat Heinz Kaiser (Erlenbach) sprach die von Befürwortern der kommunalen Entsorgung kritisierte Mehrwertsteuer als Kostenfaktor bei einer privaten Entsorgung an. „Die kommt ja zum großen Teil wieder über staatliche Leistungen wieder zurück“, argumentierte er. Fraktionsvorsitzender Roland Weber (Collenberg): „Über eine Rekommunalisierung kann man immer diskutieren. Wir müssen uns aber alle Fakten genau anschauen, um das Bestmögliche für die Bürger zu erreichen“.